Anfang 2013 wurde ein gesetzliches Schutzrecht für Texte von Presseverlagen im Internet beschlossen. Dies betrifft uns alle auf die eine oder andere Weise.
Was ist ein Leistungsschutzrecht und wie unterscheidet es sich vom Urheberrecht
Das bisher bekannte Urheberrecht gemäß dem Urheberrechtsgesetz schützt künstlerisch geschaffene, also persönlich hergestellte kreative Werke, wie Texte von Autoren, Gemälde von Malern oder Lieder von Komponisten. So dürfen diese Lieder oder Texte dann nicht oder nur unter Bezahlung einer gewissen Lizenz, beispielsweise an die GEMA, öffentlich gespielt oder verwendet werden.
Mit dem neuen Leistungsschutzrecht soll sich dieser Schutz auch auf die Interpretationen, Herstellung sowie Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Leistungen ausweiten. Darunter fallen unter anderem die öffentliche Darstellung von interpretierten Texten oder Musikstücken, die Leistungen der Tonträger- oder Filmhersteller sowie die online veröffentlichten Pressetexte von Verlagen. Diese Leistungen unterliegen nach dem neuen Leistungsschutzrecht nun ebenfalls dem Urheberschutz. Dies wurde jetzt im Urheberrechtsgesetz verankert.
Wie es zum neuen Leistungsschutz für Verlagstexte kam
Die hohen Werbeeinnahmen von Google-News boten den Anlass für die Forderung der Presseverlage an einer Einnahmebeteiligung.
Die Seite Google-News ist ein Dienst, der die aktuellen Nachrichten der Online-Presseverlage mit den entsprechenden Überschriften, einem Bild und den ersten ein bis zwei Sätzen des Zeitungsartikels auflistet. Google-News verdient viel Geld durch die Werbung.
Da Google-News letztlich die von den Presseverlagen erstellten Artikel nur übersichtlich, gesammelt und sortiert darstellt, wehren sich die Verlage dagegen, dass Google mit deren journalistischen Leistungen so hohe Gewinne erzielt. Sie fordern eine gesetzlich gestützte Einnahmebeteiligung, die ihnen den Schutz ihrer verlegerischen Leistungen garantiert: das neue Leistungsschutzrecht für Verlage.
Die Webseite Google-News war somit der Auslöser für das neue Leistungsschutzrecht, daher wird dieses Gesetz auch oft „Lex-Google“ genannt. Es betrifft jedoch ebenso andere Webdienstleister, wie News sammelnde und News katalogisierende Webseiten sowie Suchmaschinen, die Verlagsartikel verwenden.
Was beinhaltet das neue Leistungsschutzrecht
Das neue Leistungsschutzrecht, das in § 87f UrhG (Urheberrechtsgesetz) verankert ist, sichert das Recht der Presseverlage, das Verbreiten ihrer Artikel oder auch kleiner Ausschnitte von ihnen im Internet zu verbieten oder gegen eine Art Lizenzgebühr zu erlauben.
Dieses neue Leistungsschutzrecht gilt explizit nur für Presseverlage. Somit sind etwa Kunstverlage, Musikverlage oder Krimiverlage in diesem speziellen Gesetz nicht erfasst.
Das Gesetz dazu ist in einigen Teilen sehr unklar formuliert. So ist auch weiterhin das unentgeltlich und nicht genehmigungspflichtige Veröffentlichen von einzelnen Wörtern oder kleinsten Textausschnitten aus den Presseartikeln zulässig. Leider fehlt die eindeutige Definition, was unter „einzelnen Wörtern“ und „kleinsten Textausschnitten“ fällt und ab wann die Veröffentlichung durch das neue Leistungsschutzrecht geregelt ist.
Im Leistungsschutzrecht ist die öffentliche Zugänglichkeit von Presseartikeln zulässig, wenn sie entsprechend aufbereitet wurden. Auch hier wird es später Richtern und Rechtsanwälten überlassen sein, zu klären, was genau „entsprechend aufbereitet“ bedeutet und wo die Grenzen liegen.
Das Gesetz regelt nicht detailliert, was genau unter das Leistungsschutzrecht fällt. Somit ist nicht klar und eindeutig festgelegt, welche und wie viel der Inhalte von wem im Internet übernommen werden dürfen. Dies führt weiterhin zu Rechtsunsicherheiten und in einigen Fällen dann auch zur Inanspruchnahme von Gerichten zur Klärung der jeweiligen Rechtssituation.
Wen betrifft das neue Leistungsschutzrecht
In erster Linie betrifft es Google-News und auch andere ähnliche Suchmaschinen, die Nachrichtentexte im Internet sammeln sowie teilweise anzeigen lassen.
Da das Gesetz unklar ist, tritt auch zunehmend mehr Unsicherheit bei anderen ähnlichen Internet-Dienstleistern oder auch Bloggern auf, die sich das Risiko einer kostenintensiven Klage nicht leisten können.
Grundsätzlich soll diese Regelung jedoch nicht für Blogger, andere Wirtschaftsunternehmen, Verbände, private Nutzer oder Rechtsanwälte gelten.
Zudem machen einige Verlage ausdrücklich nicht von diesem neuen Leistungsschutzrecht Gebrauch, wie heise online, SPIEGEL ONLINE oder Stiftung Warentest.
Dennoch betrifft es alle Internet-User. Neue News-Suchseiten oder neue Geschäftsideen im Internet sowie kreative Ideen hinsichtlich der Informationszuverfügungstellung werden durch dieses unklare Gesetz womöglich im Keim erstickt oder zumindest sehr erschwert.
Die Unsicherheit bleibt für alle: „Darf ich das jetzt eigentlich oder nicht?“
Heiße Diskussionen in Politik und Wirtschaft um dieses neue Leistungsschutzrecht
Es ist durchaus einzusehen, dass Verlage für ihre aufwändige und hoch qualifizierte Arbeit auch gewisse Schutzrechte erhalten wollen. Die Verlagsarbeit unterzieht sich seit einigen Jahren des Internets einem großen Wandel: Printmedien werden zunehmend durch digitale Medien ersetzt. Zeitungsartikel im Internet können viel leichter kopiert, verlinkt oder übernommen werden. Bei den herkömmlich gedruckten Zeitungen wäre die Gefahr des Ausschneiden und Einscannens eines Artikels zur webbasierten Weiterleitung eher unüblich gewesen. Dies schwächt jedoch die Presseverlage, da ihre Produkte, die hochwertigen, informativen und aktuellen Berichte, durch die Verbreitung im Netz an Wert verlieren. Die höchste Einnahmequelle von digitalen Medien im Netz, die Werbeeinnahmen, müssen sich die Presseverlage dann mit andern Anbietern und Newssammlern teilen. Ihr Ärger über das Entziehen der Einnahmen und das Nichtschätzen ihrer Leistungen ist durchaus verständlich und nachvollziehbar.
Allerdings betrifft dies auch alle anderen Verlage, die zunehmend auf webbasierte Veröffentlichungen übergeben müssen. Sie sind nicht geschützt mit dem neuen Leistungsschutzgesetz, was eine unfaire, einseitige Wertschätzung von Verlagstexten darstellt.
Das Hauptproblem dieses neuen Gesetzes ist die Unklarheit vieler Begriffe und Grenzen, sodass dieses Gesetz keine klare rechtliche Regelung, sondern Verunsicherung hervorruft.
Finanzielle Vorteile wird dieses Gesetz in jedem Falle vorübergehend den Rechtsanwälten und Gerichten bringen, die die vielen erwarteten Mahnfälle, die Grenzfälle und Klagen durch klare Urteile regeln müssen.
Nur große, wirtschaftlich stabile Unternehmen können sich solch einen Gerichtsweg finanziell erlauben, wogegen Kleinunternehmen und Freiberufler die Leidtragenden sind.
Ein Gesetz zum Schutz aller Verlagswerke wäre sicherlich wünschenswert, jedoch sollte dieses Gesetz Klarheit für alle und keine weiteren Unsicherheiten aufweisen.
Quellen / weitere Informationen
Anwalt.de – Neues Leistungsschutzrecht für Presseverleger, Autor: Wolfgang Riegger
Rtl.de – Bundesrat gibt Weg für neues Leistungsschutzrecht frei
Heise.de – Bundestag beschließt neues Leistungsschutzrecht
Welt.de – Bundeskabinett beschließt neues Leistungsschutzrecht